Evans Gambit

Aye aye, captain!

Das Evans-Gambit wurde nach dem britischen Schiffskapitän William Davies Evans benannt, der es als erster 1824 anwandte. Zu dieser Zeit wurde noch nicht so strategisch und positionell gespielt wie heute, man liebte vielmehr die wilden Kombinationen und Mattangriffe. Es war noch die sogenannte "romantische" Phase des Schachspiels und diese Eröffnung wurde folgerichtig sehr populär.

Das Gambit entsteht aus der Italienischen Eröffnung, nach 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lc4 Lc5 4. b4 erhalten wir folgende Ausgangsstellung:

Evans Gambit.

Was macht jetzt Schwarz? Nimmt er das Geschenk an oder nicht? Weiß muss doch irgendeinen Plan verfolgen, oder? Lassen wir Schwarz also einfach mal schlagen und schauen was passiert, nach 4. ... Lxb4 5. c3 La5 (andere Möglichkeiten für den Läufer sind 5. ... Lc5 oder 5. ... Le7) 6.d4 d6 (oder auch 6. ... exd4) erreichen wir folgende Stellung:

Evans Gambit.

Jetzt hat sich der Sinn des Gambits offenbart: Weiß hat zwar einen Bauern verloren, dafür aber ein Tempo gegen den Läufer gewonnen, woduch das Zentrum mit einem zweiten Bauern besetzt werden kann. Zudem kann Weiß in den nächsten Zügen eventuell die Diagonalen besetzen mit La3 und Db3, die dann gefährlich auf die gegnerische Königsstellungen wirken.

Es riecht schon förmlich nach Mattangriff und wilden Verwicklungen; kein Wunder also, dass die Eröffnung im 19.ten Jahrhundert so populär war. Und kein Wunder, dass viele den Gambitbauern doch lieber nicht annehmen und eher wie folgt spielen 4. ... Lb6 5. a4 a6, was zu folgender Stellung führt:

Evans Gambit.

War das jetzt ein Tempogewinn für Weiß? Nein, eher nicht, der weiße Bauer auf b4 dient ja nicht wirklich der Entwicklung, es ist aber durchaus ein netter kleiner Raumgewinn am Damenflügel.

Warum ist das Gambit heute nicht mehr so populär? Will man etwa nicht mehr schnell gewinnen? Spielt man heute nicht mehr so aggressiv, alles auf Angriff? Nein, es ist vielmehr so, dass der Angriffswirbel doch auch sehr schnell wieder verpuffen kann, vor allem, wenn Schwarz gut vorbereitet ist.

Diese Variante 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lc4 Lc5 4. b4 Lxb4 5. c3 La5 6. d4 d6 7. 0-0 Lb6 8. dxe5 dxe5 9. Dxd8+ Sxd8 10. Sxe5 Le6, die auf Emanuel Lasker zurückgeht, führt z.B. zu folgender Stellung:

Evans Gambit.

Und wo ist jetzt die Gefahr für Schwarz? Keine! Einfach den Mehrbauern wieder zurückgegeben und die Damen getauscht. Schon ist das Gambit verpufft.


Fazit: Für jemanden, der die Initiative, den Angriff sucht, ist diese Eröffnung eine gute Wahl, auch wenn das Evans-Gambit auf höchstem Niveau nicht mehr so häufig gespielt wird. Das macht es aber umso überraschender für Schwarz und vielleicht gelingt einem ja eine Meisterpartie wie einst Andersen und Dufresne in der Immergrünen Partie.