Shades of Schach.
Wir wollen uns jetzt mit dem Fesseln von Figuren beschäftigen. Klar, das klingt etwas komisch. Hat das überhaupt noch was mit Schach zu tun? Ja, sehr viel! Fesselungen sind ein taktisches Grundmotiv, man muss es definitiv kennen und richtig beurteilen lernen.
Von einer gefesselten Figur spricht man, wenn sie von einer Dame, einem Turm oder einem Läufer angegriffen wird und nicht wegziehen kann, ohne dass dadurch etwas Schlimmes passiert. Schauen wir uns ein Beispiel an, dann wird es klarer. Nach den Eröffnungszügen 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. d4 d6 4. Lb5 aus der sogenannten Schottischen Eröffnung erhalten wir folgende Stellung:
Der weiße Läufer auf b5 fesselt den schwarzen Springer auf c6, er kann da jetzt erst einmal nicht mehr weg, weil ansonsten der König dahinter ins Schach geraten würde. Der König darf aber nicht selber ins Schach gebracht werden, das wäre ein ungültiger Zug. Fesselungen dieser Art werden daher auch echte Fesselungen genannt, da ein Wegziehen schlicht nicht erlaubt ist.
Warum ist das jetzt so schlimm?
Im Schach kommt es sehr darauf an seinen Figuren "Wirkung" zu geben. Das heißt, dass sie sich frei bewegen können und möglichst viele Felder auf dem Brett überdecken. Eine gefesselte Figur wird aber unbeweglich, sie kommt nicht mehr vom Fleck. Es ist daher sehr sinnvoll gegnerische Figuren zu fesseln und umgekehrt sollte man sich bemühen Fesselungen immer schnell wieder aufzulösen, indem man noch eine Figur dazwischenzieht oder die fesselnde Figur angreift.
In obigen Beispiel könnte man z.B. 4. ... a6 spielen um den Läufer zum Schlagen oder Wegziehen zu bewegen:
Oder mit 4. ... Ld7 die Fesselung des Springers auflösen:
Beides wären aber keine so tollen Züge, weil Weiß dann einfach den Läufer gegen den Springer tauscht und eventuell noch den Bauern auf e5 gewinnt. Versucht also nicht panisch jede Fesselungen sofort auflösen zu wollen. Zuerst 4. ... exd4 wäre z.B. viel sinnvoller. Und um die Fesselung kümmert man sich dann später.
Jetzt lassen wir Schwarz noch einmal was richtig Schlechtes ziehen, 4. ... a5?? Was ist jetzt der beste Zug für Weiß?
Richtig! Gefesselte Figuren sind ein gutes Angriffsziel, z.B. für Bauern. 5. d5 gewinnt den Springer. Deshalb auch der schlechte Zug vorher für Schwarz um es gut demonstrieren zu können. Ohne 4. ... a5 hätte Schwarz ansonsten mit a7-a6 selber den Läufer angreifen können. Nach dem Motto: Nimm du mir den Springer, ich nehme dir den Läufer.
Noch ein Beispiel. Was ist der beste Zug für Weiß?
Gut! 1. Td1 fesselt den Läufer, man nennt das eine unechte Fesselung, weil theoretisch der Läufer ja noch wegziehen könnte. Dann wird Schwarz aber mit 2. Td8# mattgesetzt. Also auch nicht so toll. Es gibt aber auch unechte Fesselungen, die richtig nach hinten losgehen können. Wie löst Schwarz das Problem, dass sein Springer gefesselt ist?
Ja, mit 1. ... Sg3+ löst sich der Springer mit einem Schach aus der Fesselung, so dass Weiß den Turm nicht schlagen kann. Schlimmer noch, er verliert nach 2. hxg3 Th8# die Partie.
Fazit: Gefesselte Figuren sind gute Angriffsziele, man muss aber genau prüfen, ob sie nicht auch total nach hinten losgehen können, wozu ihr hier ein berühmtes Beispiel findet.