Damengambit, angenommen

Damenhafte Mogelpackung.

Beginnt Weiß mit dem Königsbauern 1. e4 und opfert nach 1. ... e5 2. f4 den f-Bauern, dann nennt man das Königsgambit. Die entsprechende Eröffnung auf dem Damenflügel mit 1. d4 d5 2. c4 wird Damengambit genannt:

Angenommenes Damengambit.

Die Idee ist, dass Weiß einen Randbauern gegen einen Zentrumsbauern opfert, sich den verlorenen Bauern später zurückholt und dann die Mitte des Brettes beherrscht. Der schnellste Weg um den Bauern zurückzugewinnen ist 2. ... dxc4 3. Da4+, dann steht die Dame aber schon in der Mitte herum, was nicht so gut ist, weil Schwarz dann in der Folge seine Leichtfiguren mit Angriffen auf die Dame entwickeln könnte:

Angenommenes Damengambit.

Sinnvoller wäre 2. ... dxc4 3. e4, damit der Läufer den Bauern schlagen kann:

Angenommenes Damengambit.

Eine typische Fortsetzung könnte 3. ... Sf6 4. e5 Sd5 5. Lxc4 Sb6 sein, was zu folgender Stellung führt:

Angenommenes Damengambit.

Und jetzt kann sich der weiße Läufer mit 6. Lb3 oder 6. Ld3 aussuchen auf welcher Diagonalen er stehen möchte. Weiß hat viel Raum gewonnen und kann seine Figuren gut entwickeln. Andererseits hat Weiß aber auch einen schwachen d-Bauern.

Nicht falsch verstehen! 3. e4 ist ein guter Zug und Weiß steht leicht besser. Aber trotzdem behagt diese Bauernstruktur nicht jedem Damengambit-Spieler und es gibt recht komplizierte Varianten, weswegen viele doch lieber 2. ... dxc4 3. e3 spielen, was einfacher und sicherer ist:

Angenommenes Damengambit.

Und hier müssen wir uns einmal fragen, ob das Damengambit eigentlich wirklich ein Gambit ist. Opfert Weiß wirklich einen Bauern? Kann Schwarz den nicht irgendwie behaupten? Versuchen wir es doch einfach mal und spielen 3. ... b5, worauf Weiß sofort 4. a4 spielt:

Angenommenes Damengambit.

Deckt Schwarz den Bauern jetzt mit 4. ... a6, dann kann Weiß trotzdem 5. axb5 schlagen, weil der a6-Bauer gefesselt ist, der Turm dahinter ich nicht gedeckt:

Angenommenes Damengambit.

Und 4. ... c6 hilft auch nicht, weil nach 5. axb5 cxb5 die Dame mit 6. Df3 entscheidend eingreift, worauf Schwarz den Springer opfern müsste:

Angenommenes Damengambit.

Es ist also nicht wirklich ein Gambit. Oder höchstens ein sehr kurzes. Auch 4. ... La6 oder 4. ... Ld7 würde den Bauern nicht behaupten können, das überlasse ich aber euch herauszufinden warum. Die einzige akzeptable Variante für Schwarz ist nach 3. ... b5 mit 4. ... b4 fortzusetzen, aber auch dann verliert er den gewonnenen Bauern ja sofort wieder und sooo nervig ist der vorgerückte schwarze Bauer auf b4 nun auch wieder nicht für Weiß.

Als Schwarzer sollte man also den gewonnenen Bauern nie verteidigen, sondern sich gleich wieder auf die Entwicklung seiner Figuren konzentrieren. In unsere e3-Variante also am besten nach 1. d4 d5 2. c4 dxc4 3. e3 mit 3. ... Sf6 den Springer entwickeln:

Angenommenes Damengambit.

Und nach 4. Lxc4 e6 5. Sf3 kommt 5. ... c5, ein cooler Zug mit der gleichen Idee vom Damengambit, einen Randbauern gegen einen Zentrumsbauern zu tauschen:

Angenommenes Damengambit.

Wenn Weiß hier schlägt, hätte man nach 6. dxc5 Lxc5 eine symmetrische Stellung, die fast sicher in einem Remis enden wird. Kommen wir lieber mit 3. Sf3 noch zur Hauptvariante im Angenommenen Damengambit:

Angenommenes Damengambit.

Den Bauern zurückzugewinnen wird also erst einmal aufgeschoben, wichtiger ist Weiß den schwarzen Vorstoß e7-e5 zu verhindern. Eine typische Fortsetzung wäre 3. ... Sf6 4. e3 e6 5. Lxc4 c5 mit einer Stellung, die euch inzwischen schon bekannt vorkommen sollte:

Angenommenes Damengambit.


Fazit: Im Angenommenen Damengambit kann man den gewonnenen Bauern nicht behaupten. Wenn man das weiß, dann sollte man sich fragen, weshalb man ihn dann überhaupt schlägt und nicht lieber das Abgelehnte Damengambit spielt. Der Grund ist, dass man sich als Schwarzer die komplizierteren Verwicklungen im Zentrum ersparen will.