Italienisch

Eine mustergültige Eröffnung.

Eine der ältesten und beliebtesten Eröffnungen, die es im Schach gibt, ist die Italienische Eröffnung, benannt nach dem Herkunftsland des Schachmeisters Gioachino Greco, dem bedeutendsten Schachspieler und -theoretiker des 17.ten Jahrhunderts. Sie beginnt mit den Zügen 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lc4 und folgender Ausgangsstellung:

Italienisch.

Lange wurde sie auch "Giuoco piano" genannt, Italienisch für "Ruhiges Spiel", einen Namen, der im englischsprachigen Raum immer noch verwendet wird, hauptsächlich für die Fortsetzung 3. ... Lc5. Es muss aber nicht zwingend zu Lc5 kommen, gut spielbar wären auch 3. ... Sf6 oder 3. ... Le7, manchmal sieht man auch 3. ... d6, wodurch sich aber eigentlich eher Schwarz selber in der Entwicklung behindert. Bleiben wir hier also mal bei 3. ... Lc5 und folgender Stellung:

Italienisch.

So richtig was passiert ist noch nicht, oder? Kein echter Krawall auf dem Brett, kein wildes Getausche, genau daher auch "Ruhiges Spiel". Beide Seiten entwickeln einfach nur ihre Figuren auf optimale Positionen. Und zwar so schnell wie möglich, so effizient wie möglich. Die e-Bauern besetzen das Zentrum, die Springer ziehen in dieselbe Richtung, die Läufer werden auf die bestmöglichen Diagonalen gestellt und schauen auf die jeweiligen schwachen Bauern auf f2 und f7. Es ist ein Ideal an Eröffnung, kein Wunder, dass sie so beliebt ist. Auch Anfängern zeigt man zuerst eigentlich immer die Italienische Eröffnung, weil man an ihr so gut die Grundregeln jeder Eröffnung erklären kann. Kennt ihr die noch?

  1. Ziehe einen Zentralbauern, z.B. e2-e4 oder d2-d4, so dass man eine Tür öffnet für die Entwicklung der Läufer und dass man mit dem Bauern das Zentrum besetzt.
  2. Entwickle die Leichtfiguren Springer und Läufer, z.B. Lf1-c4 oder Sg1-f3, so dass man das Zentrum beherrscht oder schwache Felder beim Gegner angreift.
  3. Führe die Rochade aus um den König aus der Mitte heraus in eine sichere Position und den Turm ins Spiel zu bringen.
  4. Entwickle die Dame zuletzt, damit der Gegner sie nicht herumhetzen oder gar schlagen kann.
  5. Ziehe jede Figur möglichst nur einmal um Tempoverluste in der Entwicklung zu vermeiden.

Keine Regel ohne Ausnahme, klar. Aber alleine mit obigen Regeln kann man sich durch fast jede Eröffnung durchhangeln, selbst wenn man sie gar nicht genau kennt. Und besonders mustergültig durch die Italienische Eröffnung. Wie geht es aber weiter?

Die vom Namen her langweiligste Fortsetzung wäre 4. d3, "Giuoco Pianissimo" genannt, also nicht nur ein "ruhiges Spiel", sondern ein "ganz ruhiges Spiel". Weiß möchte keine Konfrontation in der Mitte, sondern weiterhin einfach nur Figuren entwickeln:

Italienisch.

Viel schärfer wäre das Evans Gambit mit 4. b4, bei dem Weiß einen Bauern opfern möchte um einen Entwicklungsvorsprung zu erlangen:

Italienisch.

Und auch das Italienische Gambit mit 4. d4 wäre von scharfer Natur, oft zuerst noch mit der Rochade eingeschoben. Also nach 4. 0-0 Sf6 5. d4 erhalten wir diese Stellung:

Italienisch.

Man müsste sich aber fragen, wieso man zuerst eine so ruhige Eröffnung wählt um dann ein paar Züge später solch ein Gambit rauszuhauen. Vielleicht als Überraschung? Kommen wir lieber noch zur Hauptvariante, dem Greco-Angriff mit 4. c3 und folgender Ausgangsstellung:

Italienisch.

Der Plan ist klar. Weiß möchte d2-d4 vorbereiten und das Zentrum angreifen. Wie sollte Schwarz reagieren? Na, ja, das kommt auf euer Naturell an. Wenn ihr lieber erst einmal schauen und erst später kontern wollt, könnt ihr euren Bauern auf e5 mit der Dame decken und Weiß erst mal machen lassen. Nach 4. ... De7 5. d4 Lb6 6. 0-0 d6 7. a4 a6 8. h3 Sf6 9. Te1 0-0 könnte folgende Stellung entstehen:

Italienisch.

Und wenn ihr eher der aktive, aggressive, offensive Spieler seid, dann reagiert vielleicht lieber mit 4. ... Sf6 um dann selber mit 5. d4 exd4 6. cxd4 Lb4+ auf den Weißen loszugehen:

Italienisch.

Nun müsste Weiß entscheiden, ob er mit 7. Sc3 noch Lust auf weitere Abenteuer hätte oder lieber mit 7. Ld2 die Reißleine zieht und zur Sicherheitsvariante greift. Aber belassen wir es einmal dabei und beenden unseren Italienurlaub. Schön wars! Oder?


Fazit: Die Italienische Eröffnung verkörpert mustergültig alle Merkmale einer idealen Eröffnung und erlebt aktuell einen echten Boom auf Topspieler-Niveau, weil man mit ihr als Weißer sehr lange einen kleinen Stellungsvorteil behalten kann. Und selbst der aggressive Gambitspieler findet genug Varianten um sich auszuleben.