Drachen

Fabelhaftes Schach.

Die Sizilianische Verteidigung beginnt mit den Zügen 1. e4 c5, was Weiß daran hindern soll mit 2. d4 das Zentrum zu besetzen. Weiß muss es also erst mit 2. Sf3 vorbereiten und nach 2. ... d6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 g6 haben wir die Ausgangsstellung der Drachenvariante erreicht:

Drachen.

Der Plan von Schwarz lautet den Königsläufer zu fianchettieren, die kurze Rochade zu spielen und am Damenflügel anzugreifen. Weiß wählt hingegen oft die lange Rochade und einen Bauernsturm am Königsflügel. Hilfreich, wenn man vorher die schwarzfeldrigen Läufer abtauschen kann um die schwarze Königsstellung zu schwächen. Auf der anderen Seite muss aber auch Weiß auf seinen König aufpassen, ein Qualitätsopfer auf c3 ist ein typischer Trick, zu den Schwarz greifen könnte.

Woher kommt die Benennung mit dem Fabelwesen? Sie setzte sich Anfang des 20.ten Jahrhunderts durch und beruht auf der Ähnlichkeit der typischen schwarzen Bauernstruktur mit dem Sternbild Drachen. Nun ja, ein bisschen Fantasie gehört schon dazu. Hier einmal die für den Drachen charakteristischen Bauern alleine:

Drachen.

Wenn wir uns die beliebtesten Fortsetzungen anschauen, kommen wir gleich zum nächsten seltsamen Tier, dem Löwenfisch. Diese Variante, die auf den russischen Großmeister Grigori Löwenfisch zurückgeht, beginnt mit dem Zug 6. f4 und folgender Stellung:

Drachen.

Das ist ziemlich aggressiv gespielt, Weiß will e5 durchdrücken um das Zentrum aufzureißen, solange der schwarze König noch nicht in Sicherheit rochiert ist. Eine typische Fortsetzung wäre 6. ... Sc6 7. Sxc6 bxc6 8. e5 und folgende Stellung:

Drachen.

Aber auch 6. ... Lg7 7. e5 Sh5 wäre spielbar, wenn Schwarz gut darauf vorbereitet ist:

Drachen.

Die klassische Variante mit 6. Le2 klingt nicht so cool, ist aber populärer als die Löwenfisch-Variante:

Drachen.

Und nach 6. ... Lg7 7. 0-0 0-0 (7. ... Sc6 wäre ebenso gut spielbar) sehen wir, dass es viel ruhiger und positioneller zugeht, nicht so wild:

Drachen.

Kommen wir mit 6. Le3 zur Hauptvariante, dem Jugoslawischen Angriff. Er ist nicht nur beim Weißspieler beliebt, sondern bietet auch für Schwarz gute Chancen, hier die Ausgangsstellung:

Drachen.

Versucht Schwarz jetzt sofort den schwarzfeldrigen Läufer von Weiß mit 6. ... Sg4 abzutauschen, dann erlebt er nach 7. Lb5+ eine böse Überraschung:

Drachen.

Denkt es ruhig einmal durch, was genau da Schwarz alles verliert, eine Figur wird es mindestens sein. Die richtige Fortsetzung ist also 6. ... Lg7 7. f3 0–0 8. Dd2 Sc6 mit folgender Stellung:

Drachen.

Hier kann Weiß jetzt mit 9. 0-0-0 etwas "ruhiger" fortsetzen oder mit 9. Lc4 etwas schärfer. Und Schwarz könnte als nächstes Ld7 spielen um den Turm auf die halboffene c-Linie bringen zu können.

Zum Abschluss wollen wir dem Drachen noch ein bisschen Feuer unterm Hintern machen. Im Schach kommt ja vieles auf eine schnelle Entwicklung, auf Tempo an. Mit 1. e4 c5 2. Sf3 Sc6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 g6 hat sich Schwarz den Zug d6 eingespart und strebt gleich die Drachenstruktur an:

Drachen.

Das nennt sich "Beschleunigter Drache" und ist nicht schlecht, weil man als Schwarzer im Drachen immer gern d5 spielen will und sich den Zug d6 einfach einspart. Weiß kann es jetzt mit c4 aber auch relativ nervig unterbinden. Es geht sogar noch schneller. 1. e4 c5 2. Sf3 g6 und folgende Stellung wird oft auch "Hyper-Beschleunigter Drache" genannt:

Drachen.


Zitat: Für Bobby Fischer war die Strategie von Weiß gegen den Drachen klar: "H-Linie öffnen, opfern, opfern, ... Matt!"