Moderne Verteidigung

Ein moderner Verwandlungskünstler.

Die Moderne Verteidigung beginnt mit den Zügen 1. e4 g6 und folgender Ausgangsstellung:

Moderne Verteidigung.

Sie ist ein typisches Schachkind des 20.ten Jahrhunderts und geht auf den österreichischen Großmeister Karl Robatsch zurück, der diese Verteidigung als Erster in den 1940er und 1950er Jahren anwandte. Schwarz verzichtet auf die Besetzung des Zentrums und versucht stattdessen Druck von der Seite aufzubauen. Typischerweise würde Schwarz ja eher Sf6 spielen, das wird aber extra zurückgehalten, was der Eröffnung den eigenständigen Charakter gibt. Schwarz möchte maximal flexibel bleiben. Typische Fortsetzung wäre 2. d4 Lg7 und folgende Stellung:

Moderne Verteidigung.

Der fianchettierte Läufer wirkt auf das weiße Zentrum und droht auf der langen Diagonalen. Mit 3. c3 könnte Weiß die Wirkung dieses Läufers aber ganz schön einschränken, er würde für lange Zeit bedeutungslos auf Granit beissen, auf seiner "schönen" Diagonalen:

Moderne Verteidigung.

Eine typische Fortsetzung hier wäre 3. ... d6 4. Sf3 Sf6 und folgende Stellung:

Moderne Verteidigung.

Der Zug d6 ist typisch für die Moderne Verteidigung, er ermöglicht nicht nur die Entwicklung des weißfeldrigen Läufers von Schwarz, sondern öffnet auch ein Flucht-/Transferfeld für den Springer auf f6. Auch gut spielbar für Weiß ist die Awerbach-Variante mit 3. c4 d6 4. Sc3 und folgende Stellung:

Moderne Verteidigung.

Und hier zeigt sich die Verwandlungsfähigkeit der modernen Verteidigung, beide Seiten können an vielen Stellen in andere Eröffnungen überleiten. Nach 4. ... Sf6 wären wir z.B. in der Königsindischen Verteidigung angekommen. Oder wenn Schwarz früh Sf6 spielt, kommt man fast immer in die Pirc-Verteidigung, die mit 1. e4 d6 2. d4 Sf6 3. Sc3 g6 und folgender Stellung beginnt, man erkennt die Verwandtschaft:

Moderne Verteidigung.

Mit 1. e4 g6 2. d4 Lg7 3. c4 könnte man auch plötzlich nach 3. ... c5 4. d5 in Benoni-Strukturen landen:

Moderne Verteidigung.

Oder wenn Weiß nicht 2. d4 spielt, sondern z.B. 2. Sf3, dann kann Schwarz mit 2. ... c5 mal eben in die Sizilianische Verteidigung umschwenken. "Flexibilität", das ist das Stichwort in der Modernen Verteidigung. Auch in die Caro-Kann-Verteidigung kann man geraten. Oder in Exoten wie die Norwegische Verteidigung, die Hippopotamus-Eröffnung oder in Eröffnungen, die ich hier lieber gar nicht erst übersetzen möchte wie z.B. die Monkey's Bum Eröffnung.

Stoppen wir lieber, bevor das alles zu verwirrend wird und kommen mit 1. e4 g6 2. d4 Lg7 noch einmal zur Ausgangsposition zurück. 3. c3, 3. c4 und 3. Sf3 sind hier gute Fortsetzungen für Weiß, auf die Schwarz eigentlich immer mit Zügen wie d6 und Sf6 reagieren wird. Die Hauptfortsetzung ist jedoch 3. Sc3 d6 und folgende Stellung:

Moderne Verteidigung.

Von hier wäre 4. f4 c6 5. Sf3 Lg4 eine der möglichen Fortsetzungen:

Moderne Verteidigung.


Fazit: Die Moderne Verteidigung ist ungemein flexibel und richtig unangenehm für Weiß. Schwarz kann sie gut nutzen um Weiß in Eröffnungen zu locken, die Weiß eigentlich gar nicht spielen will. Das macht es aber auch anspruchsvoller für Schwarz, weil er die Eröffnungen, in die übergeleitet werden kann, dann auch noch gut kennen muss. Überfordert euch nicht selber!