Benoni Verteidigung

Schach, (k)eine Leidensgeschichte


Ben-Oni heißt "Sohn des Leidens" und war Rahels zweiter Sohn, nach dessen Geburt sie starb. Die Herren Reinganum und Hoeck benannten hiernach Anfang des 19.ten Jahrhunderts ihr Buch über die Gambiteröffnungen. Ganz offensichtlich hatten die Herren Humor und schufen so unbeabsichtigt den Namen für die Benoni Verteidigung, die in dem Buch auf wenigen Seiten abgehandelt wurde und zu den Indischen Verteidigungen zählt.

Sie hat nicht gerade den besten Ruf, so mancher Schwarzspieler ist schon kläglich untergegangen. Sie hat aber einen großen Vorteil: Sie erzeugt eine Asymmetrie auf dem Spielfeld und das ist die beste Voraussetzung um Unentschieden zu vermeiden. Möchte man also mit Schwarz für Unordnung sorgen und auf Sieg spielen, dann ist diese Eröffnung durchaus zu empfehlen. Man sollte dann aber auch die richtigen Züge kennen ... also aufgepasst!

Bei der Alt-Benoni Verteidigung kommt der charakteristische Zug c7-c5 sofort. Nach 1. d4 c5 haben wir folgende Stellung:

Benoni Verteidigung.

Wenn Weiß den Bauern mit 2. dxc5 schlägt, dann holt Schwarz sich den mit 2. ... e6 oder 2. ... Da5+ zurück und kann zufrieden sein, dass er zusätzlich noch einen Randbauern gegen einen Zentrumsbauern tauschen konnte. Weiß wird daher eigentlich immer mit 2. d5 fortsetzen und nach 2. ... d6 3. e4 könnte sich folgende für Benoni typische Bauernstruktur ergeben:

Benoni Verteidigung.

Oder nach 2. d5 e5 3. e4 d6 4. Sc3 a6 folgende:

Benoni Verteidigung.

Hier erkennt man gut die Grundtaktiken in der Benoni Verteidigung. Schwarz steht etwas eingeengt, plant aber den Vorstoß am Damenflügel. Zudem kann man versuchen das weiße Zentrum mit f7-f5 aufzuhebeln. Weiß hingegen hat Raumvorteil, kann besser mit seinen Figuren agieren und z.B. mit f2-f4 einen Durchbruch im Zentrum initiieren.

Etwas solider ist es c7-c5 noch etwas hinauszuzögern, Alt-Benoni ist da vielleicht etwas zu plump und wird daher auch nicht so oft gespielt. Vielleicht eher etwas für Blitzpartien um den Gegner gleich mit dem ersten Zug zu überraschen. Schauen wir uns einmal Tschechisches Benoni an. Nach 1. d4 Sf6 2. c4 c5 3. d5 e5 haben wir diese Ausgangsstellung erreicht:

Benoni Verteidigung.

Und nach den weiteren gängigen Zügen 4. Sc3 d6 5. e4 Le7 folgende Stellung:

Benoni Verteidigung.

Jetzt kann Schwarz rochieren und nach Se8 den Läufer rausbringen, z.B. nach g5. Bekommt er diesen mit dem schwarzfeldrigen Läufer von Weiß getauscht, dann wäre das ein echter Vorteil für Schwarz, weil der weißfeldrige Läufer von Schwarz bei dieser Bauernstruktur im Zentrum viel besser als der weißfeldrige Läufer von Weiß wäre. Weiß hat aber sehr wirksame Gegenmittel, z.B. b2-b4 oder f2-f4. Diese Bauernvorstöße plus die Manovrierfähigkeit der weißen Figuren kann Schwarz sehr schnell in die Knie zwingen. Man muss sich ja bloß die Verrenkungen ansehen, die für Schwarz nötig waren nur um mal zur Rochade zu kommen.

Kommen wir zur Modernen Benoni Verteidigung, die nicht versucht das Zentrum mit 3. ... e5 zu blockieren, sondern gleich eine Öffnung anstrebt. Nach 1. d4 Sf6 2. c4 c5 3. d5 e6 erhalten wir folgende Stellung:

Benoni Verteidigung.

Das ist jetzt nichts mehr nur für Blitzpartien oder um den Gegner zu überraschen, das ist höchste Eröffnungstherorie, eine Eröffnung, die auch schon von den größten Meistern gewählt wurde um mit Schwarz kräftigen Gegenwind zu entfachen. Aber auch durchaus brenzlig für Schwarz selber werden kann, wie wir gleich noch sehen werden. Die normale Fortsetzung mit 4. Sc3 e×d5 5. c×d5 d6 führt zu dieser Stellung:

Benoni Verteidigung.

Hier erkennen wir wieder die Grundprinzipien der Benoni Verteidigung: Weiß hat die Bauernmehrheit in der Mitte und wird versuchen im Zentrum durchzubrechen. Z.B. mit e2-e4, f2-f4 und später e4-e5. Schwarz hingegen wird versuchen mit a7-a6 und b7-b5 seine Bauernmehrheit am Damenflügel zum Laufen zu bringen. Weiß wird dies mit a2-a4 versuchen zu stoppen. Zudem kann Schwarz auch Druck auf der halboffenen e-Linie aufbauen. Auch kann Schwarz seinen schwarzfeldrigen Läufer fianchettieren, was für Weiß später noch sehr nervig werden kann.

Schauen wir einmal wie es weitergehen könnte. Nach 6. e4 g6 7. Sf3 Lg7 8. Le2 hätten wir die klassische Variante und folgende Stellung:

Benoni Verteidigung.

Oder nach 6. e4 g6 7. f4 Lg7 den Dreibauernangriff:

Benoni Verteidigung.

Und hier sehen wir einmal wie gefährlich die Drohung e4-e5 werden kann. Lassen wir Schwarz einmal nach 8. Lb5+ mit dem normal aussehenden Zug 8. ... Sbd7 antworten, so erhalten wir nach 9. e5 echte Probleme als Schwarz:

Benoni Verteidigung.

Wer wollte da noch ernsthaft in den Schuhen und der Stellung von Schwarz stecken? Auch 8. ... Ld7 ist nicht viel besser und läuft ebenso in den Zug 9. e5. Die richtige Fortsetzung wäre 8. Lb5+ Sfd7 9. a4 Dh4+ 10. g3 De7, was zu dieser für Schwarz spielbaren Stellung führt:

Benoni Verteidigung.


Fazit: Die Benoni Verteidigung ist eine Verteidigung auf höchstem Niveau, die allerdings auch ein hohes Niveau von Schwarz verlangt. Ansonsten sollte man es lieber bleiben lassen. Beherrscht man sie aber und fühlt sich dabei auch noch wohl, dann hat man ein super Mittel gefunden um mit Schwarz auf Gewinn zu spielen. Viel Glück!